Landeinwärts auf den traditionellen Pilgerweg
Und so ginge es landeinwärts, auf dem traditionellen Weg durchs Landesinnere, Richtung Rates. Die Landschaft veränderte sich, wunderschön… und die Sonne schien weiterhin heiß vom Himmel. In Rates traf ich einen Franzosen, etwa in meinem Alter. Er war mit seiner erwachsenen Tochter unterwegs und mit Händen und Füßen erzählten wir unsere ersten Geschichten. Sie gingen langsam, aber stetig und ich rannte erst an ihnen vorbei um sie dann, als ich schon humpelte, an mir vorbeiziehen zu lassen. Sie schauten mich mitleidig an und fragten mich, warum ich so renne? Erste Tränen liefen über mein Gesicht. Warum renne ich denn so? Wovor laufe ich weg? Quatsch! Ich laufe nicht weg! Ich gehe immer so schnell! Wirklich? Erste Zweifel kamen auf und vielleicht gehe ich ja deswegen diesen Weg… Die Herberge in Petra Furada war ausgebucht und es lagen noch ca. 8 Kilometer bis Barcelos vor mir. Verzweiflung machte sich breit. Meine Füße konnten nicht mehr und ich war müde und wollte nur noch liegen. Ein Bus! Hurra, ein Bus! Ich „warf“ mich auf die Straße und konnte einsteigen. Wir fuhren den Pilgerweg entlang und ich war dankbar, ihn fahren zu dürfen. Der Bus hielt direkt vor einem Hotel und ich quartierte mich ein. Für ein oder zwei Nächte. Morgen wüsste ich mehr.
Die Blase hatte von meinem großen Zeh Besitz ergriffen und wollte noch mehr. Nach meinem abendlichen Ritual mit Duschen und intensiver Fußpflege erkundete ich jedoch die Städte in denen ich übernachtete. Denn auch das war mein Wunsch, Orte und Menschen zu besuchen, kennen zu lernen und die Fremdheit aufzusaugen, einzuatmen.
An meinem 3. Pilgertag kam ich gerade mal aus Barcelos heraus um dann unter Schmerzen eine Pause einzulegen. Vorwärts oder rückwärts war die Frage. Während ich meine Füße zum wiederholten Male einsalbte, kamen der Franzose und seine Tochter vorbei. Trotz schmerzender Füße hatten sie es bis Barcelinhos geschafft und dort übernachtet. Wäre ja auch eine Option gewesen. Wäre… Ob ich sie wiedersehe? Irgendwann ging es irgendwie weiter. Die Landschaft beflügelte mich, ein Traum! In Porta del Tamel verbrachte ich meine Mittagspause, als ich plötzlich einen Slang hörte, der mir sehr vertraut war. Stimmen aus der Eifel!? Meine Kusine erzählte mir, dass Freunde von ihr auf dem Weg seien. Ja, ja, sicher auf dem französischen Weg, meinte ich noch. Es gibt ja viele Pilgerwege. Inzwischen ist mir klar: Die Welt ist ein Dorf, denn die beiden waren in der Tat ihre Bekannten. An diesem Tag trafen wir uns bei Susanna, in der Cascade Valinhas, dem schönsten Platz für diesen Abend. Ein tolles Zimmer mit Bad, ein Schwimmteich, leckeres Essen und noch besserer Wein aus eigenem Anbau. Später traf noch ein Pilger zu uns und gemeinsam verbrachten wir einen wirklich lustigen, beschwipsten Abend.
Mit Manfred, dem abendlichen Pilgerfreund, wanderte ich am nächsten Tag nach Ponte del Lima. Dort wurde an Pfingsten ein traditionelles Fest gefeiert und wir konnten an vielen Ständen unterschiedlichste Köstlichkeiten probieren. Obwohl ich alleine pilgern wollte, war die Abwechslung sehr angenehm. Wir gingen mal schnatternd mal schweigend unseren Weg und ich war freudig über die angenehme Begleitung.